Erzähle mir etwas über die Siedlung:
Die Siedlung Rappenstein zählt ca. 100 Wohnungen. Vor ein paar Jahren fand eine umfassende und nachhaltige Renovation statt: Unter anderem wurden die Aussenfassaden saniert, die Balkone komplett erneuert und Solaranlagen auf den Dächern installiert. Zudem gab es eine Umgestaltung der Grünflächen. Das Augenmerk lag dabei auf der Förderung der Biodiversität. So gibt es neu Naturwiesen statt Rasen, mehr Blumenbeete, viele Sträucher ergänzt mit Steinen sowie Asthäufen für den Unterschlupf von Tieren. So haben sich bereits Igel in den Asthaufen einquartiert.
Du machst seit März 2022 die Verwaltung und hast einen Kompost initiiert. Was war deine Motivation für diese Initiative?
Das Thema Nachhaltigkeit begleitet mich schon länger und liegt mir sehr am Herzen. Ich habe zuvor bereits auf meinem Balkon in einem grossen Topf kompostiert und verschiedene Kurse gemacht. Mit der neu betrauten Verantwortung möchte ich die eingeschlagene Richtung der Nachhaltigkeit aktiv weitertreiben. Neben anderen Projekten war mir der Siedlungskompost ein grosses Anliegen.
Für welches Kompostsystem habt ihr euch entschieden?
Es war mir wichtig, aerob zu kompostieren, damit es zu keiner Geruchsbelästigung kommt.
Wir haben verschiedene Möglichkeiten geprüft und uns für eine eigene Kompostlösung entschieden. Da ich noch keinen Kompost für die Grösse einer Siedlung erstellt habe, suchte ich Rat bei Marianne Meili, Grüngut-/Kompostberaterin der Stadt St. Gallen, die mich und meine Hauswarte tatkräftig beim Aufbau unterstützt hat.
https://ostsinn.ch/blogpost/2021-09-16/gruengutbesser-interview-von-marianne-meiliAls Siedlungsverantwortliche möchte ich meine Freude und Leidenschaft für die Permakultur einbringen und nach deren Vorbild auch die Diversität erhöhen. Dazu haben wir verschiedene Beete z.B. ein Moorbeet mit saurem Boden, angelegt.
Um die nährstoffarmen Böden zu regenerieren, benötigen wir den Kompost. Die "wertvollen" Rüstabfälle der Mieter landen nun nicht mehr im Abfallsack, sondern werden zu biologischem Dünger. Dieser Kreislauf ist ein wichtiger Bestandteil der Permakultur.
Wie wird ein Kompost erstellt?
Zuerst haben wir ein rundes Gitter aufgestellt und dieses mit Filzstoff umwickelt. Alternativ kann man auch Plastik um das Gitter wickeln. Plastik ist jedoch weniger atmungsaktiv und es reisst leicht. So könnten Mikroplastik oder kleine Plastikstücke mit dem Kompost vermischt werden.
Neben dem Kompost haben wir eine grosse Miete angelegt. Dazu haben wir Steinplatten verlegt und zwei Aufbewahrungsflächen, welche mit Holz abgetrennt sind, erstellt. Die Flächen werden ebenfalls mit Filzstoff abgedeckt.
Der Kompost bzw. das Gittergefäss wird zuerst mit Basismaterial (Äste, Grünabfall und grobem Gartenabfall) befüllt. Darauf folgt Vorkompost, den wir von Marianne Meili erhalten haben. Nun kann es in Schichten losgehen mit den Küchenabfällen: Gemüse und Früchteabfälle, fingerlang geschnitten, wechseln sich mit einer Erdmischung mit Steinmehl ab. Das Steinmehl reduziert den Geruch und führt dem Kompost wertvolle Mineralien zu. Danach folgt am nächsten "Annahmetag" wieder eine Schicht mit Küchenabfällen usw.
Nach ca. 1 Monat ist der Kompost voll und wird in die erste Miete umgeschichtet, wo er weiter verrotten kann. Sobald die erste Lagerfläche voll ist, kommt der Kompost in die zweite Fläche umgeschichtet. Wenn er fertig ist, wird der Kompost ausgesiebt und als Dünger auf den Beeten verteilt.
Wird der Kompost von den Mieter*innen genutzt?
Der Kompost ist seit ca. Anfangs Juni 2022 in Betrieb und aktuell nutzen ihn ungefähr 50 der 100 Wohnungen. Vor dem Start führten wir Infoveranstaltungen mit Marianne Meili und den interessierten Mieter*innen durch. Zudem gibt es geregelte Annahmezeiten: Montag, Mittwoch und Freitag von 18.30 bis 19.00 Uhr. Während dieser Zeiten ist ein Hauswart oder ich vor Ort. Ausserhalb der Öffnungszeiten ist der Kompost verschlossen.
"Wegen der fixen Annahmezeiten hat sich erfreulicherweise und unbeabsichtigt eine ungezwungene Gesprächs- und Austauschmöglichkeit für die Mieter*innen ergeben. Der Kompost ist zum Treffpunkt geworden."
Erzähle noch etwas von deinen weiteren Projekten:
Die Bodenqualität ist zurzeit eher suboptimal für die Pflanzen. Inspiriert von der Permakultur habe ich begonnen den Boden zu mulchen, so dass der Boden bedeckt ist und die Feuchtigkeit in der Erde bleiben kann sowie wichtige Nährstoffe gespeichert werden können. Weiter möchte ich analog der Permakultur an freien Stellen zwischen die Beete passende essbare Pflanzen setzen. Es gibt bereits ein paar Hochbeete, die teilweise mit Kräutern für die Siedlungsbewohner*innen bepflanzt sind. Weitere Hochbeete sind in Bearbeitung, eines speziell für die Kinder in der Siedlung. Ein weiteres Projekt von mir ist, dass sich interessierte Mieter*innen aktiv an der Gartenarbeit (und Ernte) beteiligen und auch eigene Pflanzen setzen können. Zudem sollen die Wildwiesen neu nur noch mit der Sense gemäht werden, da der Rasenmäher den Boden negativ beeinträchtigt.
Interview mit Daniela Springer, Siedlungsverantworltiche, Bau- und Wohngenossenschaft St. Gallen BaWo, Rappenstein , Redaktion Arienne Dietsche für OstSinn am 18. Juli 2022
https://bawosg.ch/
https://www.stadt.sg.ch/home/raum-umwelt/abfall-entsorgung/Abfallarten.html